Nachruf für Dietmar Schillig

Veröffentlicht am 16.03.2021 in Ortsverein
 

gehalten von Doris Spieß, der Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Weingarten, bei der Beerdigung von Prof. Dr. Dietmar Schillig am 11.03.2021 in Wolfegg

„Man muss loslassen können“ und „ich bleibe ja bei euch“ sagte Dietmar, als er - trotz unserer Bitte, nochmals für die SPD bei der Gemeinderatswahl 2009 anzutreten - sich in den gemeinderätlichen Ruhestand verabschiedete. Zuvor war er - fünfzehn Jahre zu meiner Rechten sitzend - für mich, unsere Fraktion und für unsere Stadt ein Segen.

Seine Verdienste lassen sich nur schwer in Worte fassen und für einige davon wurde er in Nachrufen gewürdigt. Neben seinen Verdiensten um den Erhalt der Pädagogischen Hochschule war dies schon während seiner ersten Amtszeit im Gemeinderat sein Einsatz für die Verbesserung unserer Infrastruktur. So war es seiner Initiative zu danken, dass die Untere Breite nicht nur wie geplant zu einem Wohngebiet wurde. Er machte sich die Rolle des Stadtplaners zu eigen und initiierte eine Studienarbeit, die im Ergebnis zur Folge hatte, dass die Untere Breite ein Versorgungszentrum erhielt mit Arztpraxen, Apotheke, Bankfilialen, einem Ladenzentrum und einem Wochenmarkt. So war es ihm zu verdanken, dass sich in diesem großen Wohngebiet die Lebensverhältnisse für neuntausend Menschen erheblich verbesserten. Ihm waren nicht nur die Wohnverhältnisse wichtig, sondern die gesamten sozialen Lebensbedingungen.

So war es auch – meine ersten Erinnerungen mit ihm als Gemeinderat – als wir zu Beginn der 90er Jahre als Folge des Jugoslawienkrieges Geflüchtete aufnehmen mussten und sich auch damals Widerstand auftat. Da war es für ihn selbstverständlich, dass wir uns öffnen und Unterkunft bieten. „Uns wurde auch geholfen, als wir unsere Heimat verlassen mussten“ sagte Dietmar, der als Förstersohn seine Kindheit in Schlesien erlebte und als Kind seine Heimat verlassen und fliehen musste. Diese Wurzeln waren es wohl auch, die ihn zu dem gelehrten, belehrten und naturverbundenen Menschen machten, der er war.

Ich kann mich nicht erinnern, dass er auf eine Frage keine Antwort hatte, dass er ein Gebiet, eine Landschaft oder eine landschaftliche Besonderheit nicht kannte. Den Ursprung der Menschheit im zentralafrikanischen Graben hat er mir mit Skizzen und Dokumenten genauso belegt, wie der Hinweis nicht fehlte, dass wir – wenn schon in Masuren und Hinterpommern unterwegs - doch nächstes Mal nicht an der Wanderdüne von Leba vorbeifahren sollten. Ich habe ihm versprochen, es nicht zu vergessen und seither ist dies noch eines meiner Ziele und da werde ich mich, lieber Dietmar, auch dankbar Deiner erinnern.

Ja, er hat durch sein Wissen und seine Forschungen viele Spuren hinterlassen und vieles wurde schon aufgezeigt – auch hier in unserer Heimatregion. Auch hier, ganz nahe seiner letzten Ruhestätte, gibt es einen herrlichen, ganz besonderen Ort, den wir immer wieder aufsuchen, zuletzt am vergangenen Sonntag zu seinem Gedenken: Die Süh! Die Aussicht reicht bis zum Bussen, den heiligen Berg der Oberschwaben und die Besonderheit ist durch zwei Hinweistafeln festgehalten, die beide seinen Namen tragen. Durch Dietmar Schillig weiß ich aber auch, dass der Bussen aus einer „gefestigten Molasseablagerung“ besteht. Diese besondere Stelle kennen zu lernen, habe ich einem seiner Hinweise zu verdanken, die immer hielten, was er versprach.

Auch bei Gemeinderatssitzungen hat er es oft verstanden tagesordnungskonform durch Informationen oder gegenständliche Besonderheiten - zum Beispiel seltene Steine - mein Wissen zu bereichern. Dank ihm weiß ich jetzt nicht nur, was ein Hühnergott ist, sondern auch, wie er sich anfühlt.

Sein Markenzeichen bei Sitzungen im Gemeinderat und in den Gremien der SPD war immer seine aufmerksame Gelassenheit, sein überlegtes Handeln und vor allem seine große Gabe des aufmerksamen Zuhörens. Vielleicht hatte er auch zuweilen seine Augen aufgrund ermüdender Ausführungen anderer Akteure geschlossen, doch aufgenommen hat er immer alles - zumindest das, was wesentlich war. Bei vielen Diskussionen hat er Einhalt geboten, wenn sie zu sehr ausgeufert sind. Er brauchte dann nie viele Worte, doch diejenigen, die er gebrauchte, waren bestimmt, überzeugend und auch immer sehr konstruktiv und lösungsorientiert.

Dietmar war aber auch ein Mahner! Einiges in der jüngsten Entwicklung unserer Stadt hat ihn sehr bekümmert. Zuletzt, dass es keine Mehrheit für ein Bekenntnis zum „Sicheren Hafen“ für die Moria-Geflüchteten gegeben hat und dann auch die Entwicklung und letztlich Schließung des „14-Nothelfer“. Noch bei meinem letzten Besuch fragte er: „Was macht ihr mit dem Krankenhaus?“ Und: „Da muss unbedingt was mit Pflege geschehen“ sagte er, selbst Betroffener, der in seinem geliebten Weingarten zwar die Bürgermedaille für große Verdienste, aber weder für sich noch seine Frau einen geeigneten Pflegeplatz bekam. Sorgen machte er sich auch über die kulturelle Entwicklung in unserer Stadt. Als Mitverfasser des großen Heimatbuches kannte er die Geschichte, die Kultur und die Schätze unserer Stadt wie kaum ein anderer.

„Unsere Stadt hat so viel zu bieten und vieles ist einzigartig, das muss man zeigen und erhalten“ sagte er und er hatte auch kein Verständnis für die Einstellung der Klosterfestspiele vor wenigen Jahren. „Das war ein großer Fehler, diese Besonderheit, dieses Alleinstellungsmerkmal mit regionsübergreifender Ausstrahlung einzustellen“. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Mittelmäßigkeit abfallen!“ sein Credo, seine Befürchtung zum Kunst- und Kulturbereich in unserer Stadt.

Zum Mahner wurde er auch bei seinem größten Anliegen, das er uns mit auf den Weg gegeben hat: Unsere Umwelt zu schonen, unsere Natur zu schützen und ihren Geschöpfen die Lebensgrundlagen zu erhalten! „Ihr dürft nicht alles verbauen“ und: „Schützt unseren Wald und unser Klima!“ Bei diesen mahnenden Worten klingt seit dem letzten Besuch der Hauch von Hoffnungslosigkeit in seiner brüchig gewordenen Stimme in meinen Ohren immer noch nach.

Vor drei Tagen, am Weltfrauentag, wäre Dietmar 86 Jahre alt geworden. Leider konnte ich nun nicht mehr – wie beabsichtigt – ihm die Nachricht als Geschenk überbringen, dass er in seiner Nachbarschaft bald wieder sein geliebtes Vogelparadies zurückbekommen sollte! Dass im Brunnenweg, am benachbarten Hochbehälter, wieder eine Hecke angelegt würde, die vor wenigen Jahren einem Neubau weichen musste und trotz Zusage bisher nicht wieder gepflanzt wurde. Dies war für den großen Natur- und Vogelfreund ein herber Verlust und hatte ihn tief bekümmert. Gemeinsam mit seinen Nachbarn konnten wir die Neupflanzung jetzt beim Betreiber erreichen und hoffentlich auch, dass auf diesem Grundstück kein Mähroboter mehr seine kleintiervernichtenden Runden dreht.

Ja, es war wenig, was wir Dietmar zurückgeben konnten. Uns bleibt nur in großer Dankbarkeit die Erinnerung an einen besonderen Menschen, der bei uns eine sehr große Lücke hinterlässt.

Lieber Dietmar, ruhe in Frieden. Und wenn es irgendwo einen Himmel, eine höhere Ebene im Universum gibt, da wo Du jetzt bist: Halte bitte Deine Hand über uns!

11. März 2021 Doris Spieß

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